Art. 325 SchKG    4. Abtretung von Ansprüchen an die Gläubiger

DruckversionVerzichten Liquidatoren und Gläubigerausschuss auf die Geltendmachung eines bestrittenen oder schwer einbringlichen Anspruches, der zum Massevermögen gehört, wie namentlich eines Anfechtungsanspruches oder einer Verantwortlichkeitsklage gegen die Organe oder Angestellten des Schuldners, so haben sie davon die Gläubiger durch Rundschreiben oder öffentliche Bekanntmachung in Kenntnis zu setzen und ihnen die Abtretung des Anspruches zur eigenen Geltendmachung gemäss Artikel 260 anzubieten.

 

Analoge Anwendung der Regeln gemäss Art. 260 SchKG: Die Rechtsnatur der Abtretung nach Art. 325 SchKG entspricht jener gemäss Art. 260 SchKG, weshalb die dazu entwickelten Grundsätze auch für eine im Nachlassverfahren erfolgte Abtretung sinngemäss anzuwenden sind.  HGer ZH HG200195 E. 3.3.

Verzichtsbeschluss: Beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung ergeht der Verzichtsbeschluss durch die Liquidatoren zusammen mit dem Gläubigerausschuss. BGE 134 III 273 E. 4.4.1. BGer 5A_322/2007 E. 4.4.1. BGer 5A_321/2007 E. 4.4.1. BGer 5A_320/2007 E. 4.4.1. AB GE DCSO/274/2007 E. 2.c Dabei entscheiden nicht zunächst die Liquidatoren und anschliessend auf Einsprache der Gläubigerausschuss (Art. 320 Abs. 2 SchKG). Es muss vielmehr ein gemeinsamer Entscheid zum gleichen Zeitpunkt getroffen werden. AB GE DCSO/274/2007 E. 4.b

Kommentar 1: Entgegen dem letztgenannten Entscheid scheint es nicht zwingend notwendig, dass der Entscheid des Liquidators uns des Gläubigerausschusses zeitgleich getroffen werden. Es ist auch durchaus denkbar und zulässig, dass der Gläubigerausschuss erst später, z.B. eines Zirkularbeschlusses seinen Entscheid fasst.
Kommentar 2: Soweit Art. 325 SchKG nicht selbst abweichende Anordnungen enthält (wie die Kompetenz zum Verzichtsbeschluss) oder sich Abweichungen nicht aus der Kompetenzordnung beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung ergeben, kommen die Regeln zu Art. 260 SchKG umfassend sinngemäss zur Anwendung.

Beschluss des Gläubigerausschusses als anfechtbare Verfügung: Der Beschluss des Gläubigerausschusses, auf die Geldendmachung von Ansprüchen der Masse zu verzichten, kann auch auf dem Zirkularweg gefasst werden.. Er ist eine Verfügung i.S.v. Art. 17 SchKG. Es kann dagegen SchKG-Beschwerde geführt werden.  AbR 2012/13 Nr. 15 E. 8.2.3., E. 9.3.

Keine Nichtigkeit: Die Verletzung von Art. 325 SchKG hat nicht die Nichtigkeit zur Folge. AbR 2012/13 Nr. 15 E. 10.3.

Kommentar 3: Da Art. 325 SchKG im Wesentlichen Art. 260 SchKG entspricht, gelten m.E. die im Zusammenhang mit Abtretungen entwickelten Regeln für die Nichtigkeit (i.S.v. Art. 22 SchKG; vgl. dazu Art. 260 SchKG) auch im vorliegenden Zusammenhang, so dass in den entsprechenden Fällen durchaus auch Nichtigkeit vorliegen kann.

Nichtigkeit bei Verletzung von Art. 325 SchKG analog Art. 260 SchKG: Da den übrigen Nachlassgläubigern die Abtretung nicht offeiert wurde (und zudem Ansprüch betroffen waren, welche nicht einmal im Inventar aufgeführt waren, ist die Abtretungsverfügung nichtig. HGer ZH HG200195 E. 3.3 und 3.4.